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19. Sep, 2022

Welche Auswirkungen haben hohe Bauzinsen auf angehende Häuslebauer?

Keine guten Zeiten mehr für Häuslebauer. Die besten Jahre, um ein Häuschen im Grünen zu bauen, scheinen (vorerst) vorbei. Steigende Preise für die Materialien, die für den Hausbau benötigt werden, steigende Handwerkerpreise und nun auch noch steigende Bauzinsen sind die Gründe für das scheinbare Ende des Baubooms. Doch woran liegt dies eigentlich und ist es wirklich vorerst vorbei mit den fetten Jahren für angehende Bauherren? Antworten und Erklärungen auf diese Fragen finden Sie in diesem Artikel.

Steigende Bauzinsen
Steigende Bauzinsen

Schlechtere Voraussetzungen für das Projekt Hausbau

Ein Mangel an Handwerkern, ein Mangel an Baustoffen sowie steigende Preise für Baugrundstücke: Möchte man aktuell eine Immobilie bauen, ist dies spürbar schwieriger als noch vor einigen Jahren. Dazu gesellt sich seit einiger Zeit noch ein deutlicher Sprung bei den Bauzinsen, sodass die Finanzierung einer eigenen Immobilie spürbar teurer wird. Dies trifft sicherlich vor allem angehende Häuslebauer, die nur ein knappes Budget für den Hausbau zur Verfügung haben.

Wie ist es aktuell um die Höhe der Bauzinsen bestellt?

Der Zins für zehnjährige Standardkredite liegt aktuell bei 2,38 Prozent im Durchschnitt. Dies bedeutet etwas mehr als eine Verdoppelung seit Dezember 2021. Seit dem Jahr 1999 bedeutet dies den größten Sprung der Bauzinsen, die zum damaligen Zeitpunkt jedoch auch noch zwischen fünf und sechs Prozent betrugen. Auch wenn ein deutlicher Anstieg bei den Bauzinsen zu beobachten ist, sind sie also immer noch deutlich günstiger als vor einigen Jahren.

Wie werden sich die Bauzinsen in der Zukunft entwickeln?

Eine seriöse Prognose, wie sich die Bauzinsen in den nächsten Jahren entwickeln werden, ist natürlich schwierig. Der Immobilienfinanzierer Interhyp geht jedoch von einer kontinuierlichen Aufwärtsbewegung der Bauzinsen in der nächsten Zeit aus. So erwartet Interhyp bis zum Ende des Jahres einen weiteren Anstieg der Bauzinsen auf bis zu drei Prozent für zehnjährige Darlehen. Auch wenn Experten mit einem Anstieg der Bauzinsen im aktuellen Jahr gerechnet haben, übersteigen die aktuellen Werte diese Schätzungen jedoch.

Ein kleines Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der aktuellen Lage

An einem kleinen Beispiel wird deutlich, welche Auswirkungen bereits kleine Änderungen am Zinssatz auf die Finanzierung einer Immobilie haben können. Nehmen wir an, das Ehepaar Müller nimmt für den Bau des Eigenheims einen Kredit in Höhe von 400.000 Euro auf. Ein Anstieg der Zinsen um lediglich 0,25 Prozentpunkte bedeutet für das Ehepaar jedes Jahr Mehrkosten in Höhe von 1.000 Euro. Betrachtet man einen Zeitraum von zehn Jahren, bedeuten 0,25 Prozentpunkte mehr bereits höhere Kosten in Höhe von 10.000 Euro.

Ein weiteres Beispiel für die Auswirkungen von steigenden Bauzinsen

Nehmen wir im nächsten Beispiel die dreiköpfige Familie Meyer. Dieser steht ein Nettoeinkommen von 4.500 Euro zur Verfügung. Monatlich können sie 1.350 Euro für Zins und Tilgung aufbringen. Dazu kommt noch ein angespartes Eigenkapital in Höhe von 80.000 Euro. Die Familie möchte nun einen Kredit mit einer Zinsbindung von 15 Jahren abschließen. Der Plan ist es, nach 30 Jahren vollkommen schuldenfrei zu sein. Drehen wir die Uhr nun um ein Jahr zurück, dann wäre die Familie bei günstigen Soll-Zinsen in Höhe von 1,3 Prozent noch in der Lage gewesen, sich eine Immobilie im Wert von 448.500 Euro leisten zu können. Mit gestiegenen Soll-Zinsen von mehr als drei Prozent kann sich die Familie Meyer jedoch nur noch eine Wohnung in Höhe von 366.500 Euro leisten. Insbesondere in beliebten Wohngegenden wird es für die Familie also sehr schwierig werden, eine Immobilie zu diesem Preis zu finden.

EZB Leitzinsentwicklung
EZB Leitzinsentwicklung

Hat die EZB Anteil an den steigenden Bauzinsen?

Die Europäische Zentralbank definiert über ihren Leitzins das sogenannte Zinsumfeld. Wenn der Leitzins angehoben wird, müssen die Geschäftsbanken für Kredite bei der EZB tiefer in die Tasche greifen. Natürlich wollen die Geschäftsbanken nicht auf diesen höheren Kosten sitzen bleiben und reichen sie in Form von steigenden Zinsen ihrerseits an ihre Kreditkunden weiter. Auch wenn die EZB eine Zinswende offiziell bisher noch nicht eingeläutet hat, ist ein Ende der Nullzinsphase wohl erreicht.

Hohe Dynamik auf den Finanzmärkten in Europa

Wie ein Experte erklärt, befände man sich aktuell in einem äußerst dynamischen Umfeld. So sei es im aktuellen Jahr in einem sehr kurzen Zeitraum zu ungewöhnlich hohen Zinsanstiegen gekommen, die jedoch großen Schwankungen unterlägen. Ein Grund hierfür ist, dass sich die Bauzinsen an den Renditen der Bundesanleihen orientieren. Vor kurzer Zeit vermeldete man mit 0,84 Prozent den höchsten Stand dieser Renditen seit sieben Jahren. Diese Entwicklung ist schließlich abhängig vom allgemein steigenden Zinsniveau in Deutschland sowie der kompletten Eurozone, die maßgeblich der Beeinflussung durch die EZB unterliegt.

Die USA reagieren mit einer Anhebung der Leitzinsen

Ein wichtiger Auftrag der EZB ist es, eine steigende Inflation wieder abzufedern. Dies kann durch eine Straffung einer lockeren Geldpolitik geschehen. Im März 2022 war ein Anstieg der Preise in Deutschland von mehr als sieben Prozent im Vergleich zum März des Vorjahres zu beobachten. Auch in den USA konnte man ähnliche Zahlen vermelden. Die US-amerikanische Notenbank reagierte auf diese Entwicklung mit einer Anhebung der Leitzinsen und leitete damit eine Zinswende ein. Die Europäische Zentralbank zog nach und hob darauf am 21. Juli 2022 die Leitzinsen zum ersten Mal seit 11 Jahren auf 0,5 Prozent an.

Verschiedene Unsicherheitsfaktoren der Grund für steigende Bauzinsen

Sicherlich lässt sich das aktuelle Zinsniveau nicht ausschließlich mit rationalen Argumenten erklären. Es ist vielmehr die Ansammlung an unterschiedlichen Unsicherheitsfaktoren, wie etwa die aktuell noch nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges oder coronabedingte Lockdowns in China mit ihren daraus resultierenden Lieferkettenausfällen, die zu erschwerten Bedingungen für angehende Hausbauer führen. Diese Unsicherheitsfaktoren sind es am Ende, die zu extrem nervösen Finanzmärkten und volatilen Zinsen führen.

Verbraucher und Sparer leiden doppelt unter der aktuellen Situation

Solange die Europäische Zentralbank nicht klar kommuniziert, zu welchem Zeitpunkt ein erster Zinsschritt geplant ist und wie es um die weiteren Aussichten steht, leiden die Märkte unter fehlender Orientierung und Berechenbarkeit. Ein Festhalten an einem, im Verhältnis zur Inflation immer noch recht niedrigen Zinssatz seitens der EZB trifft Sparer daher doppelt bitter. Zum einen werden Kredite wie oben beschrieben teurer, zum anderen jedoch werfen Bankguthaben weiterhin kaum Zinsen ab.

Hohe Immobilienpreise
Hohe Immobilienpreise

Hohe Immobilienpreise treffen auf steigende Bauzinsen

Drei Prozent Bauzinsen – das klingt erst mal nicht dramatisch, denn immerhin kennt man in Deutschland auch Bauzinsen in Höhe von mehr als acht Prozent, wie zuletzt in den 1990er Jahren. Ein wesentlicher Unterschied zu heute bestand damals jedoch: nämlich deutlich günstigere Immobilienpreise. Aktuell treffen jedoch rasant gestiegene Preise für Häuser und Wohnungen auf gestiegene Bauzinsen. Diese Kombination macht das Projekt Hausbau oder Hauskauf für immer mehr Haushalte zu einem unerschwinglichen Unterfangen.

Wie sieht eine ideale Finanzierung in Zeiten von steigenden Bauzinsen aus?

Unabhängig davon, ob man ein Häuschen im Grünen nun selbst bauen oder eine Immobilie im Vorort einer größeren Stadt kaufen möchte: Als goldene Regel gilt, dass eine solide Finanzierung das A und O ist und auch für unvorhergesehene Ereignisse noch Reserven zur Verfügung stehen sollten.

So sollte die monatliche Belastung für Zins und Tilgung nicht mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Zusätzlich ist noch mit mindestens zehn Prozent an Kosten für den Unterhalt der Immobilie, wie Steuern, Wasser, Heizung, Strom und Gebühren zu rechnen. Auch diese Preise erfahren inzwischen einen spürbaren Anstieg.

Was ist unter dem Tilgungsanteil zu verstehen?

Mit dem Tilgungssatz gibt man bei einem Kredit an, wie viel Prozent des Kreditbetrages man Monat für Monat an den Kreditgeber zurückzahlen möchte. Dieser Betrag lässt sich bei vielen Kreditverträgen individuell an die monatliche finanzielle Belastbarkeit anpassen. Es gilt, dass der Schuldenberg umso schneller schmelzen wird, je höher die Tilgung ausfällt. Ideal ist es, wenn man sich das Recht auf Sondertilgungen im Vertrag festschreiben lässt. In diesem Fall ist es möglich, zusätzliche Zahlungen für die Tilgung des Kredites zu verwenden, wie etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Erbschaften.

Ausreichend Eigenkapital senkt die Zinsbelastung

Glücklich kann sich schätzen, wer ausreichend Eigenkapital für den Bau oder den Kauf einer Immobilie zur Seite geschafft hat. Möchte man die gesamten Baukosten per Kredit stemmen, wird dieses Projekt in aller Regel zum Scheitern verurteilt sein. Bereits seit einigen Jahren ist eine Vollfinanzierung ohnehin nur noch einem finanziell äußerst solide aufgestellten Personenkreis möglich, wie etwa das vielzitierte Beamten-Ehepaar. Gute Karten für eine Vollfinanzierung können auch selbstständige Steuerberater, Ärzte oder Rechtsanwälte haben. Bei Gewerbetreibenden mit schwankenden Einnahmen sieht es aber häufig bereits deutlich schlechter aus.

Ausreichend Eigenkapital für den Hausbau
Ausreichend Eigenkapital für den Hausbau

Wie viel Eigenkapital sollten Sie mindestens mitbringen?

Als Faustregel gilt, dass Sie 20 bis 30 Prozent der gesamten Kaufsumme inklusive Nebenkosten als Eigenkapital zur Verfügung haben sollten, um eine positive Entscheidung bezüglich der Finanzierung von der Bank zu erhalten. Sorge um steigende Bauzinsen müssen Sie sich umso weniger haben, je mehr Eigenkapital Sie in die Finanzierung einbringen können. Je mehr Eigenkapital also, umso bessere Zinskonditionen können Sie erwarten. Hierüber freut sich am Ende Ihr Geldbeutel, denn der Kredit wird mit steigendem Eigenkapital immer günstiger ausfallen.

Die Laufzeiten von Krediten entscheiden über die Zinshöhe

Relevant für die Höhe der Zinsen ist auch die Laufzeit einer Baufinanzierung. Dabei gilt die einfache Grundregel, dass die Zinsen umso höher ausfallen werden, je mehr Zeit man sich für die Rückzahlung des geliehenen Geldes lassen möchte. Nach wie vor vergleichsweise günstige Zinsen gibt es für Kredite mit einer zehnjährigen Laufzeit. Da sich die finanzielle Belastung durch die Kauf- bzw. Bausumme aber innerhalb von zehn Jahren häufig nicht abtragen lässt, müssen Sie nach Ablauf dieser Zehnjahresfrist nach einer Anschlussfinanzierung Ausschau halten, um die Restschuld abzutragen. Jedoch lässt sich natürlich heute noch nicht prognostizieren, wie es mit dem Zinsniveau nach Ablauf dieser zehn Jahre aussehen wird. Experten sind der Ansicht, dass für Baukredite eine Zinsbindung von 15 Jahren sowie eine Tilgung von zwei oder drei Prozent das Minimum sein sollten.

Eine Form der Anschlussfinanzierung: Das Forward-Darlehen

Unter einem Forward-Darlehen versteht man eine Form der Anschlussfinanzierung. Diese besteht aus einem konventionellen Annuitätendarlehen. Hierbei handelt es sich um ein Darlehen, das sich in konstanten Raten zurückzahlen lässt. Die Zinsbindung können Sie hierbei frei wählen. Mit einem Forward-Darlehen ist es möglich, sich aktuelle Zinskonditionen für die Zukunft zu sichern. Sie kennen also bereits die Konditionen Ihrer Anschlussfinanzierung, noch ehe die aktuelle Zinsbindung ausläuft. Im Gegenzug wird hierfür jedoch ein Aufschlag auf den Zins fällig.

Was können wir Hausbauern aktuell raten?

Wird ein Kredit für einen Hausbau notwendig, sollten Sie sich möglichst frühzeitig vorbereiten und bereits heute damit beginnen, Konditionen zu vergleichen und darüber hinaus auch die Folgen von weiteren Zinsanstiegen für Ihre individuelle Situation durchrechnen. Zu empfehlen ist eine vergleichsweise höhere anfängliche Tilgung sowie eine möglichst lange Zinsbindung. Sind Sie bereits im Besitz einer aktuell noch finanzierten Immobilie, sollten Sie sich bereits heute um eine Anschlussfinanzierung kümmern, auch wenn diese erst in wenigen Jahren ansteht. Mit einem Forward-Darlehen beispielsweise können sich Immobilienbesitzer die Zinsen für Anschlussfinanzierungen gegen einen preislichen Aufschlag für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren im Voraus sichern.

Unser Fazit: Die goldenen Zeiten, in denen sich sehr viele Personen Eigentum aufgrund günstiger Finanzierungsangebote leisten konnten, können bald vorbei sein. Bereits durch einen geringen Anstieg des Zinsniveaus kann die monatliche Belastung durch eine Finanzierung für viele Haushalte zu hoch sein. Dies betrifft vor allem Personen, bei denen eine Baufinanzierung knapp kalkuliert wurde. Wir raten Ihnen daher, auf eine solide Gestaltung der Baufinanzierung zu achten und sich nicht zu einem vorschnellen Kauf einer Immobilie hinreißen zu lassen. Bei genauerer Betrachtung kann sich diese unter Umständen als nicht werthaltig herausstellen, sodass finanzielle Engpässe im monatlichen Budget in der Zukunft zu erwarten sind.

Bildquellen: © Stockwerk-Fotodesign, #48993306 –  © Kanjana, #295330377 –  © pixs:sell, #125194470 –  © hkama, #328739455


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